„Was ich an Bord der Internationalen Raumstation am meisten vermisse, ist eine Tasse Espresso.” Dies sagten viele der italienischen Astronauten, die innerhalb von 13 Jahren zeitweise dort gearbeitet haben. In Kürze könnte der Wunsch nach einem Espresso im All Realität werden, denn Argotec und Lavazza arbeiten gemeinsam mit der Italienischen Raumfahrtbehörde (ASI) daran, echten italienischen Espresso tatsächlich auf die Internationale Raumstation zu bringen. So könnte die italienische Astronautin, Luftwaffenkapitänin Samantha Cristoforetti, während der bevorstehenden Futura Mission nicht nur die erste italienische Frau im Weltall sein, sondern auch die erste Raumfahrerin der Geschichte, die im Orbit einen echten italienischen Espresso trinkt. Bei der Futura Mission handelt es sich um die zweite Langzeitmission der Italienischen Raumfahrtbehörde auf der ISS. ISSpresso, benannt nach der Internationalen Raumstation (ISS), auf der es zum Einsatz kommen soll, ist das erste kapselbasierte Espressosystem, das unter den Extrembedingungen im Weltraum funktioniert. Bekanntlich sind die physikalischen Gesetze, die die Eigenschaften von Flüssigkeiten und Mischungen bestimmen, dort ganz anders als bei uns auf der Erde. ISSpresso ist das Ergebnis eines gemeinsamen Projekts von Argotec und Lavazza. Argotec, das italienische Technologieunternehmen für Raumfahrtsysteme, ist führender europäischer Anbieter von gesunden und nährstoffreichen Lebensmitteln für den Verzehr im All, Lavazza die international bekannteste italienische Kaffeemarke. ISSpresso ist ein Meisterwerk der Ingenieursarbeit und in der Lage, im schwerelosen Raum einen perfekten Espresso zuzubereiten. Aus diesem Grund wurde das System im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens von der Italienischen Raumfahrtbehörde für den Einsatz an Bord ausgewählt. „Italienischer Kaffee ist ein Getränk, das keine Grenzen kennt“, so Giuseppe Lavazza, Vice President von Lavazza. „Wir denken tatsächlich schon eine ganze Weile darüber nach, den Espresso in den Weltraum zu bringen. Künstlerisch ist uns dies bereits vor zehn Jahren gelungen und zwar mit den Fotografien von Thierry Le Gouès und unserem Fotokunstkalender ‚Mission to Espresso’. Was damals vielleicht wie eine Science-Fiction-Phantasie gewirkt haben mag, war im Grunde nichts weiter als ein Blick in die Zukunft. Heute sind wir wirklich in der Lage, die Grenzen der Schwerelosigkeit zu überwinden und einen guten Espresso – zweifellos das Aushängeschild aller Produkte ‚Made in Italy’ – an Bord der Internationalen Raumstation zu genießen. Wir sind stolz auf die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Argotec und dem Lavazza Innovation Center, unserer Abteilung für Forschung und Produktinnovation. Das Projekt war eine wissenschaftliche und technische Herausforderung und wird, wie wir hoffen, die Lebensqualität und Ernährung von Astronauten auf langen Missionen verbessern.“ „Unsere Raumfahrtingenieure“, so David Avino, Geschäftsführer von Argotec, „haben nicht zuletzt dank Lavazzas weitreichender Erfahrung auf dem Gebiet der Kapselsysteme eine völlig neuartige Kaffeemaschine entwickelt, die den erforderlichen Sicherheitsstandards gerecht wird und auch unter den Bedingungen der Mikrogravitation funktioniert. Das Projekt zur Systemfunktionalität wurde bereits im Juni 2013 abgeschlossen, nachdem Argotec ein Jahr daran gearbeitet hatte. Im Rahmen dieses technologisch höchst anspruchsvollen Projekts ist es uns gelungen, innovative Lösungen zu entwickeln, die sich auch auf der Erde unmittelbar nutzbringend anwenden lassen. Von besonderer Bedeutung war hierbei die Erfüllung strenger Auflagen der Italienischen Raumfahrtbehörde hinsichtlich Funktionalität und Sicherheit. Neben den technischen Aspekten gehört auch die Ernährung der Astronauten zu den Aufgaben von Argotec. Das Essen stellt eine wichtige psychologische Stütze dar. Womit ließe sich das für jeden Astronauten speziell zusammengestellte Menü besser abschließen als mit einem guten italienischen Espresso, der ihm das Gefühl gibt, ein ganzes Stück näher an Zuhause dran zu sein?“ Roberto Battiston, Präsident der Italienischen Raumfahrtbehörde, fügt hinzu: „ISSpresso ist ein perfektes Beispiel dafür, dass die Entscheidung der ASI, die nationalen Nutzungsrechte an der ISS für Partnerschaften zwischen der Privatwirtschaft und staatlichen Stellen zu öffnen, zu einer effizienten Verwendung öffentlicher Mittel und somit zu technologischem, wirtschaftlichem und sozialem Nutzen führen kann. Die ASI wird ISSpresso in enger Zusammenarbeit mit der NASA an Bord der ISS bringen, denn die amerikanische Raumfahrtbehörde ist gemeinsam mit den anderen Projektpartnern daran interessiert, die Lebensqualität der ISS-Astronauten und derjenigen auf künftigen interplanetaren Entdeckungsmissionen zu verbessern. Gleichzeitig freuen wir uns, dazu beitragen zu können, dass die Marke ‚Made in Italy’ weltweit oder, besser gesagt, ‚weltraumweit’ noch bekannter und beliebter wird.“ Eine Kaffeepause im All. Ein Prototyp der Weltraumkaffeemaschine wird derzeit in den Forschungslabors von Argotec getestet. Dabei werden alle notwendigen Funktions- und Sicherheitstests durchgeführt. In der darauffolgenden Endprüfungsphase wird Finmeccanica – Selex ES an der Abschlussuntersuchung beteiligt sein, um ISSpresso mit der Crew der Futura Mission, zu der auch die italienische Astronautin Samantha Cristoforetti gehört, in den Orbit schicken zu können. Die gemeinsame Kaffeepause auf der ISS wird eine zentrale Rolle im Zusammenleben an Bord spielen. Sie soll eine Art soziales Netzwerk im All schaffen, einen Anlass, zu dem man sich trifft, sich unterhält und entspannt: ein nicht zu unterschätzender Aspekt auf Missionen, deren Teilnehmer über viele Monate hinweg weit entfernt von zu Hause hohen psychischen und körperlichen Belastungen ausgesetzt sind. Neben dem einfachen Espresso liefert das innovative Kapselsystem auch Caffè Lungo und andere Heißgetränke, wie Tee, Kräutertees und sogar Brühe für die Zubereitung entwässerter Astronautenkost. Technologie im All. Die Entwicklung des ISSpresso war für Wissenschaftler und Ingenieure in allen Details eine enorme Herausforderung: Im Rahmen des Projekts mussten physikalische und fluiddynamische Probleme, wie z.B. die sichere Handhabung von Flüssigkeiten unter hohem Druck und hohen Temperaturen im Weltraum, gelöst werden. So wurden die Kunststoffleitungen einer gewöhnlichen Espressomaschine durch Stahlleitungen ersetzt, die einem Druck von über 400 bar standhalten. Aufgrund des von der Italienischen Raumfahrtbehörde vorgegebenen Einbaus von Reservekomponenten für alle sicherheitsrelevanten Bauteile ist die Maschine so komplex, dass sie etwa 20 Kilogramm wiegt. ISSpresso ist ein Technologieprojekt mit hohem Erkenntniswert, das nicht nur den Speiseplan der Astronauten, sondern auch unser Verständnis von fluiddynamischen Gesetzmäßigkeiten und der Mikrogravitation erweitern wird. Für einige der gefundenen Lösungen sind internationale Patente erteilt worden, die für zukünftige Raumfahrtmissionen nützlich sein können, aber auch unmittelbare Einsatzmöglichkeiten auf der Erde bieten.
Argotec ist ein italienisches Technologieunternehmen mit Sitz in Turin, das Forschungs-, Innovations- und Entwicklungsarbeit in verschiedensten Branchen betreibt, darunter Ingenieurwesen, Informationstechnologie, Systemintegration und „bemannte Raumflüge und -einsätze“. Argotec schult europäisches Bodenpersonal und Astronauten am Europäischen Astronautenzentrum in Köln und ist in Europa alleinverantwortlich für deren sogenanntes Bonus Food (Sonderkost).
Lavazza, gegründet im Jahr 1895 in Turin, Italien, befindet sich seit vier Generationen im Besitz der gleichnamigen Familie. Das Unternehmen ist der siebtgrößte Kaffeeröster der Welt und führt mit einem Marktanteil von über 47 % (Quelle: Nielsen) aktuell den italienischen Einzelhandelsmarkt an. Weltweit beschäftigt Lavazza 3.300 Mitarbeiter und generierte gemäß Jahresabschluss 2013 einen Umsatz von 1,34 Milliarden Euro (per 31.12.2013). Lavazza produziert an fünf Standorten – davon vier in Italien und einer im Ausland – und ist über Partnerunternehmen und Vertragshändler in über 90 Ländern geschäftlich aktiv. Derzeit exportiert das Unternehmen 46 % seiner Produktion ins Ausland. In den frühen Jahren seiner Unternehmensgeschichte erfand Lavazza das Prinzip des Blendings, also des Mischens von Kaffeesorten unterschiedlicher geografischer Herkunft, das bis heute ein wichtiges Merkmal aller seiner Produkte ist. Das Unternehmen verfügt zudem über 25 Jahre Erfahrung in der Produktion und dem Vertrieb von Portionskaffeesystemen und -produkten und war der erste italienische Kaffeeröster, der Kapselsysteme auf den Markt brachte. Fortlaufende Partnerschaften mit einem internationalen Netzwerk aus Universitäten und Forschungseinrichtungen haben dazu geführt, dass Lavazza heute mit vier eigenständigen Produktlinien in diesem Marktsegment vertreten ist. Lavazza ist offizieller Kaffeelieferant im italienischen Pavillon auf der Expo 2015.